Geoenergie

Sie ist überall unter unseren Füssen, wir müssen sie nur finden!

Geothermische Energie hat das Potenzial, einen beträchtlichen Teil der Nieder- und Mitteltemperaturwärme für Gebäude und Industrie bereitzustellen. Im Bedretto Untertagelabor für Geowissenschaften und Geoenergien, einem gemeinsamen Zentrum des Departements für Erdwissenschaften der ETH Zürich, werden seismische Sensoren in ein 300 Meter langes Bohrloch eingeführt. Dies ermöglicht die Entwicklung und Validierung von Verfahren zur Nutzung der tiefen Geothermie bei gleichzeitiger Verringerung des Risikos der induzierten Seismizität.

Moderne Gesellschaften verbrauchen riesige Mengen an Energie – das wissen wir inzwischen alle. Aber halten Sie sich fest: Auf planetarischer Ebene sind wir Energieameisen. Das Innere der Erde enthält 10^31 Joule (3 x 10^15 TWh) an Energie! Das ist mehr als das 10-Milliardenfache unseres jährlichen Gesamtenergieverbrauchs! 20 Prozent dieser Energie sind ein uraltes Relikt, das auf die Kollisionen zurückgeht, aus denen unser Planet entstanden ist. Die anderen 80 Prozent sind das Ergebnis des radioaktiven Zerfalls tief unten im Erdkern.

 

All diese gespeicherte Energie ist von einer bestimmten Art: thermische Energie. Die Temperatur der Erde steigt mit jedem Kilometer, den man hinabsteigt, um 25-30 Grad Celsius. Wenn Sie also 200 m tief bohren, haben Sie einen Temperaturanstieg von etwa 5 Grad Celsius. Wie können wir das nutzen?

 

Irgendwo in Ihrem Kopf ist das Wort “Wärmepumpe” vielleicht schon aufgetaucht. Im Jahr 2022 wurden 18,5 % der Schweizer Haushalte mit Wärmepumpen beheizt, im Vergleich zu 39,3 % mit Öl und 17,5 % mit Gas. Zu diesen 18,5 % gehören sowohl Luft- als auch Erdwärmepumpen. Wie der Name schon sagt, entziehen sie der Umgebungsluft oder dem Erdreich Wärme, die dann auf eine Flüssigkeit wie z.B. Wasser übertragen wird, das durch das Haus gepumpt wird.

 

Beiden gemeinsam ist ein einfacher, aber wesentlicher Grundsatz der Thermodynamik: Diese 5 Grad Celsius reichen vielleicht nicht aus, um Ihr Haus auf ein angenehmes Niveau zu heizen. Also kann man die Flüssigkeit komprimieren, um ihre Temperatur zu erhöhen!

 

Die Nutzung von Geoenergie in Kombination mit Wärmepumpen ist jedoch nicht die ganze Geschichte. Wir können im wahrsten Sinne des Wortes viel tiefer gehen. Erinnern Sie sich an das Temperaturgefälle von 30 Grad Celsius pro km? Es liegt auf der Hand, dass tiefere Löcher wesentlich mehr Wärme speichern, genug, um nicht nur einzelne Häuser, sondern ganze Stadtteile zu heizen. Alternativ dazu kann diese Wärme auch in der Industrie genutzt werden.

 

Sind Sie neugierig auf die Dekarbonisierung von Industrieprozessen bei höheren Temperaturen? Besuchen Sie die Seite zur Industrie.

 

Natürlich müssen die Hürden des Geoengineering überwunden und die öffentliche Akzeptanz für die Tiefengeoenergie gefördert werden: In den Jahren 2006 und 2013 wurden in der Nähe von Basel und St. Gallen Pilotprojekte zur Erforschung der so genannten Enhanced Geothermal Systems (im Gegensatz zu Closed Loop Systems) durchgeführt. Bei dieser vom Fracking inspirierten Methode wird Wasser in das Tiefengestein injiziert. Damals führte dieses Verfahren zu kleineren Erdbeben und damit zur Einstellung des Projekts.

 

Heute jedoch arbeiten die Forscher des Bedretto Lab im Tessin in Zusammenarbeit mit den Schweizerischen Erdbebendiensten daran, den Schweizer Weg zur tiefen Geoenergie zu ebnen. Sehen Sie sich ihre Arbeit im Video auf der Homepage des Bedretto Labs an!

 

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf den Geoenergie-Pionier Island. Nach der Ölkrise in den 1970er Jahren beschloss Island, massiv in die Geoenergie zu investieren, und heute werden 90 % der isländischen Häuser mit Erdwärme beheizt. Darüber hinaus werden aber auch über 30 % des isländischen Stroms durch Bohrungen in der Tiefe erzeugt. In der Schweiz gibt es zwar nicht so viele Geysire wie in Island, aber ein geologisches Potenzial ist hier dennoch vorhanden. Konkret strebt das Bundesamt für Energie (BFE) an, dass bis 2050 7 % des nationalen Stromverbrauchs mit Geostrom erzeugt werden.

 

Fühlen Sie sich bereit zu forschen? Vielleicht ist der ETH-Master in Angewandter Geophysik etwas für Sie!